DZVhÄ zum Netzwerk Homöopathie: Ziel verfehlt

Am letzten Januar-Wochenende 2016 haben sich 30 engagierte Homöopathiekritiker in Freiburg getroffen, die als Ergebnis ein Netzwerk gegründet haben. Hier wollen wir unsere Aktivitäten koordinieren und die Zusammenarbeit organisieren.

Unsere Zusammenfassung als Pressemitteilung: hier
Ein sehr lesenswerter Bericht auf dem Blog von Wolfgang Vahle: hier

Dieser Schritt hat zu einem ganz erstaunlichen Medienecho geführt, das wir in unseren kühnsten Träumen nicht erwartet hätten. Praktisch alle wesentlichen Tageszeitungen (FAZ, Welt , Süddeutsche Zeitung) haben berichtet, unser lokales Leitmedium (Badische Zeitung), sogar im Spiegel waren wir vertreten. Dazu noch viele Internetportale wie Doccheck oder Apotheke ad hoc. Auch Medscape, das Wissensportal für Ärzte, hat Natalie Grams interviewt.

Stellvertretend einige Links:

Onlineausgabe der Badischen Zeitung: hier
Onlineausgabe des Spiegel: hier

Apotheke ad hoc: hier und hier
DocCheck: hier

Auch der Zentralverband der deutschen Schweineproduktion schreibt hier

Zum Teil haben sich Diskussionen in erheblichem Umfang an die Berichterstattung angeschlossen. In den veröffentlichten Leserbriefen wird meist eine gegenteilige Position eingenommen. Bemerkenswert vielleicht Jens Wurster bei der Badischen Zeitung: hier

Und natürlich hat auch der DZVhÄ Notiz von uns genommen und eine Stellungnahme zu den Ereignissen verfasst hier . Zu diesem habe ich die unten folgende Stellungnahme verfasst, die ich umgehend per Email absenden werde:

—–

Sehr geehrter DZVhÄ,

leider ist es bei Ihnen ja nicht üblich, dass Sie Beiträge auf Ihrer Website mit dem Namen der Autoren kennzeichnen. Daher muss ich so allgemein bleiben.

Ich habe mich sehr darüber gefreut, welch ein treffendes Titelbild Sie gewählt haben, um in Ihrem Portal ‚Homöopathie-Online.de‘ auf die Gründung unseres Netzwerkes aufmerksam zu machen. Wir haben schon immer gedacht, dass man bei der Homöopathie davon ausgeht, dass Medizin etwas mit Glauben zu tun hat, um Glauben in dem Sinne, dass die Existenz irgendeiner höheren Entität als wahr angenommen wird, die Macht über das Schicksal der Gläubigen ausübt und die man durch das Ausführen entsprechender Riten gnädig stimmen muss. Wir hätten kein passenderes Bild zur Verfügung gehabt.

Medizin und Gesundheitswesen sind hingegen keine solche übergeordnete Mächte, sondern mit viel Mühen erreichte Errungenschaften, von denen man glauben – also für wahr halten – kann, dass sie das Beste darstellen, was wir derzeit zur Verfügung haben. Natürlich gibt es da auch Schwächen und Fehler, keine Frage, das ist bei allen menschlichen Aktivitäten so – außer natürlich bei Hahnemann, aber da wären wir wieder bei Ihrem Glauben.

Warum habe ich vorab gewusst, dass Sie Ihre Kritik in der Hauptsache auf meiner Person aufbauen und die vielleicht nicht immer ganz glückliche Wortwahl, die sich gedruckt anders ausmacht als gesprochen? Insbesondere, wenn der Text gekürzt und mit einem Titel versehen wurde, der die Aufmerksamkeit des Lesers erregen soll. Woher wusste ich, dass Sie einzelne Wörter herausgreifen werden, um sie so verdreht aneinanderzureihen, dass Ihr zwar unzutreffendes aber werbewirksames Bild von uns als einer unkundigen aber zu allem entschlossenen finsteren Bande bestätigt scheint? Nun ja. Sie gehen ja kaum auf Sachaussagen ein.

Es ist übrigens in der Tat so, dass es nur eines ‚Rumschmökerns‘ in einfach geschriebener Literatur auf Oberstufenniveau bedarf, die Fadenscheinigkeit der homöopathischen Lehre zu erkennen. Allerdings scheinen Sie das Ergebnis meiner Aktivitäten doch als nützlich zu betrachten, schließlich verwenden Sie unter Verzicht auf eine korrekte Quellenangabe eine von mir erstellte Unterlage samt des enthaltenen Irrtums in einem Ihrer Artikel [1].

Warum stellen Sie unsere Anliegen falsch dar oder können Sie die Texte nicht verstehen?

Wir stellen nicht den unerfüllbaren Anspruch, die Unwirksamkeit der Homöopathie zu beweisen, schon gar nicht mit Anekdoten. Da haben wir nach wie vor grundverschiedene Sichtweisen: Sie vertreten die Ansicht, dass man mit Anekdoten etwas beweisen kann. Wir nicht.

Es geht darum, aufzuzeigen, dass es diese unerfreulichen Dinge auch gibt. Dass es nicht nur die von Ihnen werbewirksam in Szene gesetzten Erfolge gibt, sondern auch die Schattenseite, die sich zwingend aus einem Wirkprinzip ergibt, dessen Existenz zwar behauptet aber in den langen Jahren seit Hahnemann nie nachgewiesen werden konnte – trotz vielfacher Versuche.

Offenbar benötigen Sie diese Informationen ebenfalls, denn ob die Behandlungsrealität, die Sie so beiläufig als offenbar über aller Kritik stehend anführen, tatsächlich so hervorragend ist, können Sie doch gar nicht wissen. Einmal abgesehen, dass es auch Heilpraktiker gibt, die Sie zwar nicht vertreten, die aber ihrerseits die Homöopathie stark prägen, stellt sich die Frage: Kann ein homöopathischer Arzt überhaupt mit seiner homöopathischen Behandlung Misserfolge erleiden? Weil er als unfehlbare Lichtgestalt des Gesundheitswesens agiert – oder weil die problematischen Fälle dann als Probleme der konventionellen Medizin gelten?

Ehrlich, mit dem Vorwurf, wir seien rückwärtsgewandt, habe ich nicht gerechnet. Das ist ja auch geradezu grotesk! Ihr Verein, der einer Lehre anhängt, deren gedankliches Fundament aus der Zeit der französischen Revolution unverändert bis heute tradiert ist, die noch nie auch nur einen einzigen ihrer altüberlieferten Grundsätze einer erfolgreichen Überprüfung unterziehen konnte, an dem seit 200 Jahren alle Entwicklungen der Medizin spurlos vorbeigegangen ist, Sie bedienen sich dieser Vokabel? Glashaus, ich höre die Steine!

Dabei haben wir nur das Ansinnen gestellt, den Patienten zutreffende Informationen über die Homöopathie anzubieten, und die ungerechtfertigten Sonderstellung zu beseitigen. Warum muss ein Lebensmittel-Hersteller, der sein Produkt mit irgendwelchen Aussagen zu einer wohltätigen Wirkung bewerben will, einen Nachweis führen, dass dies auch zutrifft? Bei der Homöopathie geht es um angebliche Medikamente, die im Fall des Falles nicht nur den Gesunden gesünder machen, sondern dem Kranken tatsächlich helfen sollen. In dieser doch kritischeren Situation braucht man keine Gewissheit einer Wirksamkeit? Doch lieber ‚gesunden‘ Fruchtsaft geben? Man wäre da auf der sicheren Seite.

Unser Gesundheitswesen hat Probleme, ja. Kann es aber sein, dass davon viele großgeredet worden sind, von Interessenvertretern wie Ihnen, die ja gerne mit pauschalen Äußerungen agieren, aber selten konkrete Zahlen nennen? Und wenn dann doch Zahlen ins Spiel gebracht werden, dann zumeist herzlich unpassende.

Auf welchem Planeten leben Sie denn, wenn Sie davon reden, dass die meisten Homöopathie-Patienten unter chronischen Krankheiten litten? Gehen Sie doch einmal bei uns in Apotheken, auf Spielplätze, Mütterstammtische etc., wo sich reales Leben abspielt!

Meinetwegen nehmen Sie auch die Statistik des Verbandes der pharmazeutischen Industrie zur Hand [2]. Zunächst: Ja, es mag hart sein, aber Sie müssen irgendwann einmal der Realität ins Auge sehen: die Homöopathie gehört zur pharmazeutischen Industrie!

In der Statistik stehen für 2014 49,7 Millionen Verpackungen nur 1,4 Millionen Verordnungen zu Lasten GKV, also durch Ärzte, gegenüber. Daraus folgt: Die allermeisten Homöopathika werden in Eigenregie gekauft oder durch einen Heilpraktiker verordnet, was prinzipiell nicht viel Unterschied macht. Selbst wenn wir pro Verordnung drei Mittel annehmen (Hahnemann, halt Deine Ohren zu!), dann sind das 90 % des Umsatzes, der per Laienmedikation verordnet wird!

In der Studie der Bertelsmannstiftung, die in den Gesundheitsmonitor eingeflossen ist und aus der Sie zitieren, wurden Patienten der Barmer Ersatzkasse befragt, die einen Zusatzvertrag für Leistungen zur Homöopathie abgeschlossen hatten. Das, was Sie da aus dem Gesundheitsmonitor zitieren, gilt also nur für die Leute, die sich tatsächlich zu der Frage nach ihrem Vertrauensverhältnis zum Arzt äußern konnten. Und das sind nun mal nur wenige.

Von diesen für das Gesamtgeschehen unbedeutenden Anzahl Patienten erreichen unter homöopathischer Behandlung rund die Hälfte deutliche Verbesserungen, rund ein Drittel geringe (‚etwas gebessert‘), und dem Rest ging es schlechter.

Wie viel von diesem Geschehen ist ‚Regression zur Mitte‘?
Wie viel ist Spontanheilung selbstlimitierender Beschwerden?
Wie viel ist Placeboeffekt?

Können wir nicht sagen, denn es gab keine Vergleichsgruppe.

Aber zurück in das reale Leben:

Wonach richtet sich die Selbstmedikation? Doch offenbar nach den Empfehlungen aus dem persönlichen Umfeld, aus den einschlägigen Medien und vor allen Dingen aus dem Internet. Wenn wir da auf der Seite eines Internetportals, das sich an junge Mütter wendet und von dem größten deutschen Hersteller für Homöopathika gesponsort wird, die folgende Empfehlung finden:

Zur Linderung kannst Du Deinem Baby auch ein bis zwei Globuli folgender homöopathischer Mittel in die Backentasche legen:
– Dein Kind schnappt nach Luft: grobes Rasseln mit gedunsenem, dunkelrotem Gesicht, es ist zuerst unruhig, dann schläfrig.
Mittel: Ammonium carbonuicum D12 (bei akuten Fällen alle 1-2 Stunden, nach einem Tag alle 3-6 Stunden)

– Dein Kind erbricht und würgt: es rasselt, pfeift; zäher Schleim; das blasse Gesicht läuft beim Husten dunkel an; neigt zu Durchfall.
Mittel: Ipecacuanha D12 (bei akuten Fällen alle 1-2 Stunden, nach einem Tag alle 3-6 Stunden)“

Jetzt führen wir uns noch vor Augen, dass eine Erstverschlechterung ja als ein untrügliches Zeichen gilt, dass die Wirkung einsetzt. Dann frage ich mich, wie das Baby wohl aussieht, wenn die Mutter merkt, dass die Homöopathika nicht helfen. Natürlich, irgendwo auf der Seite steht auch, dass die Frau mit ihrem Baby zum Arzt soll, wenn es nicht besser wird, einfach, nehme ich an, damit die Mutter auch ganz sicher die Arschkarte hat und niemand dafür zur Rechenschaft gezogen werden kann, wenn eine in medizinischen Dingen unerfahrene Frau aufgrund unzutreffender Ratschläge ihr Baby bis kurz vor den Tod kuriert.

Sie brauchen diese Seite übrigens nicht mehr zu suchen. Dies war wenige Tage nach Beginn unserer Aktivitätender unser erster Erfolg: die Angaben verschwanden vom Netz, nachdem wir diese ausgiebig zitiert hatten.

Wenn Sie, lieber DZVhÄ, der sich ja gerne als Wächter über die Qualität der homöopathischen Therapie sieht, und die Lichtgestalten, die bei Ihnen Mitglied sind, dafür Sorge tragen würden, dass diese Auswüchse getilgt werden, wenn Sie Ihre Daten richtig angeben und nicht verdrehen würden, wenn die Wirksamkeit homöopathischer Präparate nachgewiesen werden müsste – und die Konsequenzen gezogen würden, wenn das nicht gelingt – dann brauchte man unser Netzwerk nicht.

Aber so sieht es ja nun mal nicht aus.

Viele Grüße
Dr.-Ing. Norbert Aust

Quellen:

[1]DZVhÄ: Homöopathie: „Eine Wirkung über einen Placebo-Effekt hinaus wurde in keiner Studie jemals festgestellt“, Link http://www.homoeopathie-online.info/homoeopathie-eine-wirkung-ueber-einen-placebo-effekt-hinaus-wurde-in-keiner-studie-jemals-festgestellt/

[2]http://www.bpi.de/fileadmin/media/bpi/Downloads/Internet/Publikationen/Pharma-Daten/Pharmadaten_2015_DE.pdf

[3] http://gesundheitsmonitor.de/uploads/tx_itao_download/Gesundheitsmonitor_NL_3_2014.pdf

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14 Antworten zu DZVhÄ zum Netzwerk Homöopathie: Ziel verfehlt

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  3. Dr. Payk sagt:

    Die Etablierung eines öffentlichen, homoöpathischen Kritiknetzes war als wichtige Aufklärungsbewegung überfällig. Homöopathie (die auch gern als Naturheilkunde ausgegeben wird) ist Glaubenssache, eine Art Religion – also das Gegenteil von wissenschaftlicher Erkenntnis bzw. hier ein Missbrauch des nachweisbaren Plazeboeffektes. Richtig ärgerlich wird der ganze Wasserenergieschwindel, wenn die Krankenkassen von einer Politlobby dazu gebracht werden, homöopathische Behandlungen zu bezahlen; zu Akupunktur, Bioresonanz, Bachblüten, Fernheilung, Amulettzauber, Exorzismus o.ä. ist es dann nicht mehr weit.

  4. WolfgangM sagt:

    Na ja Frass hat die Vorlesung Physik für Mediziner besucht- ob da die Schwerkraft vorkommt?
    Ich hab die Vorlesung Physik für Physiker besucht – da kam die Schwerkraft schon vor.

    Aber wenn Frass schon ein Realitätsproblem bei der Homöopathie hat, warum solls dann bei der Schwerkraft funktionieren?

  5. Norbert Aust sagt:

    Als Anmerkung: Die Physiker können die Schwerkraft sehr wohl recht genau erklären (Krümmung im Raum-Zeit-Kontinuum, wenn ich das richtig zusammenkriege), aber wir können das nicht verstehen. Jedenfalls nicht, ohne ein paar Tage Arbeit zu investieren, wenn das überhaupt reicht.

  6. WolfgangM sagt:

    Homöopathie wird ja nicht nur mittels Globuli verabreicht, es gibt ja auch eine Menge Anwendungen mit Ethanol (vulgo Alkohol). Und die IARC (Int.Agency for Research on Cancer der WHO) stuft Ethanol als „carcinogen to humans ein“ – in der Schadstufe 1.

    http://monographs.iarc.fr/ENG/Classification/

    Das sollte man mal Dr Frass und Konsorten fragen, wenn sie ein Arzneimittel verwenden, wo die Wirksamkeit in vielen Studien nie über Placebo hinausging, welches aber ein humanes Karzinogen enthält. Und das dann auch noch bei Kindern anwenden. Gilt übrigens auch für rescue Tropfen.

    Aber Dr Frass wird immer origineller (Zitat aus der Wiener Bezirkszeitung von 24/25.2.2016) Titel „Besser Leben mit Homöopathie“ Da gibts übrigens ein Photo mit 8 Gläsern mit Pflanzen drinnen und der Unterschrift: „Alternative Arzneimittel mit pflanzlichen Inhaltsstoffen können die Lebensqualität erhöhen und Patienten helfen“.

    Aber Frass wird zitiert: Die genaue Wirkung von homöopathischen Arzneimitteln kann sich auch der Experte nicht erklären. Und dann im Originalton: „Nicht einmal Physiker können uns ganz genau erklären was die Schwerkraft ist“ nennt er ein Beispiel. „Trotzdem können wir uns immer darauf verlassen.“

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  9. Norbert Aust sagt:

    @ Ich:
    Der Artikel des DZVhÄ stammt vom Oktober 2015.

    Im Mai 2014 habe ich diese Unterlage auf der Skeptikerkonferenz für meinen Vortrag verwendet (ab min. 10:24):
    https://www.youtube.com/watch?v=Wsn2vaWCFHo

    Dann findet sich die Tabelle in meinem im Juni 2014 hier geposteten Artikel zur Meta-analyse von Shang:
    http://www.beweisaufnahme-homoeopathie.de/?p=1952

    Bei der Darstellung ist mir ein Fehler unterlaufen: Die Arbeit von Stevinson gehört eigentlich rot markiert, also als negativ. Warum mir dieser Fehler unterlaufen ist, kann ich heute nicht mehr sagen, aber der DZVhÄ hat ihn übernommen.

  10. Ich sagt:

    „….schließlich verwenden Sie unter Verzicht auf eine korrekte Quellenangabe eine von mir erstellte Unterlage samt des enthaltenen Irrtums in einem Ihrer Artikel [1]….“

    Also, laut „Zeitschrift Homöoopathie“ ist die Quelle der Grafik eindeutig der DZVdÄ 😉 :

    http://www.homoeopathie-online.info/homoeopathie-eine-wirkung-ueber-einen-placebo-effekt-hinaus-wurde-in-keiner-studie-jemals-festgestellt/

  11. Joseph Kuhn sagt:

    Ich habe noch zwei – leider auch etwas längere – Anmerkungen, vielleicht dennoch von Interesse, weil es um garantiert ideologiefreie Fakten geht:

    1. Die Gesundheitsmonitor-Studie, um die es hier ging, ist auf der Seite des Zentralvereins mit folgendem Head verlinkt: „Bertelsmann Gesundheitsmonitor: repräsentative Studie zur Homöopathie!“ Genau das ist sie aber nicht, wie oben schon gesagt, ein großer Teil der Befragten sind Versicherte mit einem speziellen Homöopathe-Vertrag:

    „Insgesamt wurden 6.930 Versicherte angeschrieben und gebeten, einen Fragebogen auszufüllen, darunter in den folgenden Gruppen:
    • Gruppe 1 »Arztbindung«: alle 1.980 Versicherten, die sich zum Stichtag in den Homöopathievertrag der BARMER GEK mit dem DZVhÄ mit Arztbindung eingeschrieben haben
    • Gruppe 2 »KV-Vertrag«: eine 1.980 Personen umfassende Zufallsstichprobe
    der knapp 18.000 Versicherten, bei denen in den letzten zwei Jahren eine homöopathische Erstanamnese im Rahmen der KV-Verträge abgerechnet wurde
    • Gruppe 3 »Ohne Homöopathieleistung«: eine 2.970 Personen
    umfassende Zufallsstichprobe der knapp sieben Millionen Versicherten, bei denen in den vergangenen zwei Jahren keine homöopathische Gebührenziffer abgerechnet wurde“

    Repräsentativ?

    2. Im Internetbeitrag des Zentralvereins wird außerdem stolz verkündet: „bei der Mehrzahl der Homöopathie-Patienten handelt es sich nicht um Menschen mit unkomplizierten Befindlichkeitsstörungen, sondern um chronisch Kranke, bei denen nach eigenen Angaben durch konventionelle Behandlungsmethoden keine Besserung der Beschwerden eingetreten ist. Das bestätigt beispielsweise der Gesundheitsmonitor 2014 der Bertelsmann Stiftung, eine groß angelegte repräsentative Studie zum deutschen Gesundheitswesen. 43 Prozent der Befragten nannten „chronische Erkrankungen“ als Anlass für die Behandlung durch den homöopathischen Arzt. 32 Prozent nannten „vorübergehende Erkrankungen“ als Grund.“

    Da wird erstens noch mal von der „repräsentativen“ Studie gesprochen, und dann davon, dass die meisten Leute wegen chronischer Erkrankungen Homöopathie in Anspruch nehmen würden. Dumm nur, dass der Zentralverein nicht in die Gesundheitsmonitor-Studie 2012 geschaut hat. Die war wirklich repräsentativ, und dort gaben nur 24 % der Befragten eine chronische Erkrankung als Grund für die Inanspruchnahme der Homöopathie an, 55 % gaben eine vorübergehende Erkrankung als Grund an (Seite 125).

    Aber vermutlich sind das aus Sicht des Zentralvereins nur homöopathische Unterschiede, und außerdem kommt es auf so etwas eh nicht an, wer heilt, hat ja bekanntlich immer recht.

  12. Joseph Kuhn sagt:

    In der Stellungnahme des Zentralvereins finde ich zwei Aussagen bemerkenswert:

    „Unter ärztlicher Homöopathie besserten sich laut Gesundheitsmonitor bei mehr als 80 Prozent der Patienten mit akuten und chronischen Erkrankungen das Allgemeinbefinden und die seelische Verfassung. „

    Man lese das ganz genau. Den Satz nimmt man doch leicht so auf, als ob sich durch die Homöopathie die akuten und chronischen Erkrankungen gebessert hätten, oder nicht? Der Bertelsmann-Gesundheitsmonitor ist aber eine Befragung, keine Therapiestudie mit Randomisierung und Verblindung. Ob sich da etwas durch die Homöopathie gebessert hat, kann man so gar nicht beantworten. Weiter: Die Befragten waren zu einem großen Teil Personen, die in einen speziellen Homöopathie-Vertrag bei der BARMER GEK eingeschrieben sind. Da haben also Homöopathiebefürworter der Homöopathie ein positives Zeugnis ausgestellt. Im zweiten Satz steht dann, das „Allgemeinbefinden und die seelische Verfassung“ hätten sich verbessert. Das ist gut, aber was war jetzt noch mal konkret mit den zugrunde liegenden Erkrankungen?

    Und daraus schlussfolgernd schreibt der Zentralverein zur Homöopathie:

    „offenbar ist sie ein geeignetes Mittel, um den medizinischen Herausforderungen in einer Gesellschaft mit immer mehr chronisch erkrankten und multimorbiden Menschen wirkungsvoll zu begegnen.“

    Die medizinischen Herausforderungen in einer Gesellschaft mit immer mehr chronisch erkrankten und multimorbiden Menschen sind die Bekämpfung von Krebs, Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes und dergleichen. Dafür soll die Homöopathie ein „geeignetes Mittel“ sein? Ernsthaft? Nun gut, wenn sie über ihr einfühlendes Setting z.B. bei Krebs wirklich das Allgemeinbefinden und die seelische Verfassung verbessert, ist das ja auch schon was, wobei die „normale“ Psychoonkologie ohne Globupokus dafür eigentlich das Mittel der Wahl wäre.

    Schön, dass euer Netzwerk die alternative Zuckerindustrie ganz offensichtlich aufgeschreckt hat.

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