Science meets Homeopathy – and one Skeptic

Der Skeptiker war natürlich ich, der sich unter durchaus beträchtlichem finanziellen Aufwand nach Berlin aufgemacht hat, um in einen Dialog mit den zu dieser Tagung erwarteten Wissenschaftlern und Forschern zu kommen.

Diese Personen sind den regelmäßigen Lesern meines Blogs sicher nicht unbekannt. Arbeiten von den Herren Baumgartner, von Ammon, Möllinger, Prof. Frass und Prof. Endler sind schon hier im Blog oder in meinem Buch (Link) ausführlich besprochen worden. Diese bereits zum vierten Mal in Berlin stattfindende Tagung ist die Gelegenheit zur Diskussion der Ergebnisse meiner Betrachtungen.

Wohlgemerkt, es ging mir um sachliche Diskussion – nicht um Konfrontation. In einer Tagung, die sich an Homöopathen wendet, die dort sogar als Weiterbildungsveranstaltung anerkannt wird (Edit 15.08.2017: Link aktualisiert – nach unter scrollen Link), kann man als einziger Skeptiker unter fünfzig bis hundert Hardcore-Homöopathen keine Konfrontation gewinnen. Da macht man auf Dauer nur eine klägliche Figur, wenn die Argumente alle angebracht worden sind oder zum zehnten Mal nicht verstanden wurden – und niemand hat etwas davon. In einer sachbezogenen Diskussion über Forschungsergebnisse hingegen kann man vielleicht (!) erreichen, dass die eine oder andere Arbeit korrigiert wird – auch wenn man das möglicherweise in Form von Veröffentlichungen in Fachpublikationen selbst tun muss. Man ist aber dann wenigstens sicher, dass man nicht mit einfachen Argumenten ausgehebelt werden kann. Schließlich können auch meine mehr oder weniger im stillen Kämmerlein erarbeiteten Schlussfolgerungen unzutreffend sein.

Also habe ich die genannten Herren einige Zeit vor der Tagung angeschrieben und angefragt, ob man sich neben der Tagung zu einem Gespräch zusammenfinden könnte, und habe auch meine Themen kurz umrissen.

Die Reaktionen waren unterschiedlich. Ich bekam Zusagen (Möllinger, Baumgartner), Absagen (Frass) und keine Antwort (v. Ammon). Prof. Endler teilte mir mit, er werde auf der Tagung nicht erscheinen, obwohl er im Programm angekündigt ist, sei aber an meinen Themen interessiert.

Nun denn. Wird schon werden.
Ich mache mich also auf gen Berlin.

Der Anfang am Donnerstag Abend war eher frostig. Von dem Vortrag im Dezember ‚Homöopathie für Skeptiker‘ war ich den Veranstaltern der Tagung, Frau Dr. Schlingensiepen und ihrem Sohn, bekannt. Ich hatte mich auch unter meinem Klarnamen zur Tagung angemeldet. Gleich beim Abhaken der Namensliste fühlte ich mich intensiv gemustert, ‚Also der ist das…‘. Man war auf mein Erscheinen vorbereitet, Frau Dr. Schlingensiepen begrüßte mich eher kühl. Ein Blick ins Auditorium zeigt: ich bin in der Tat der einzige offen bekennende Skeptiker in der Runde – obwohl in der Folge durchaus auch die eine oder andere etwas skeptische Frage aus dem Publikum kommen wird.

Es ging auch gleich mit Schelte auf die bösen Skeptiker los, die ja mit ihrer Scientabilität die Homöopathieforschung verbieten wollten. In der daran anschließenden Podiumsdiskussion werden die schriftlich eingesammelten Fragen beantwortet. Meine Karten wurden schon beim Einsammeln kritisch beäugt, die Antworten fielen später auch recht kühl aus. Warum kein Skeptiker an dieser Diskussion auf dem Podium beteiligt sei? Man habe versucht einen Berliner Skeptiker einzuladen, dieser hätte aber abgelehnt. Woran das liegen könnte, dass die Skeptiker ein Problem mit der Homöopathieforschung haben? Natürlich weil sie Angst um ihr Weltbild haben, das sie revidieren müssten, wenn die Homöopathie weiterhin erfolgreich erforscht werden würde. Und natürlich, welche Frage, die Homöopathieforschung dient einzig und allein dazu, die Methode zu verbessern, der Gedanke, es handele sich in der Hauptsache um ein Instrument zur besseren Vermarktung, ist natürlich völlig abstrus.

Am nächsten Morgen geht es dann richtig in die Vollen, Brysch jr. referiert über dieses tolle Buch seiner Mutter, und dass da im Amazon so eine Dame von den Skeptikern eine lange Rezension geschrieben hätte. Man brauche davon aber nur zwei Sätze zu lesen, um zu sehen, wes Geistes Kind die Skeptiker sind. Schreibt die doch glatt, dass Popper sagt, man müsse kühne Theorien dahingehend untersuchen, wo man sich geirrt hat, um dann daraus zu folgern, dass derjenige, der eine Hypothese aufstellt, diese auch belegen müsse. So ein Quatsch. Mehr könne man sich ja als Skeptiker gar nicht diskreditieren. Wer Popper, so wie er (Brysch jr.) als Historiker, richtig verstanden hätte, wüsste doch, dass eine Theorie so lange Bestand haben müsse, bis nachgewiesen sei, dass sie nicht zuträfe. Ich frage nach, ob das denn wirklich so sein kann, dass auch verrückte Ideen als richtig gelten könnten, bis das Gegenteil bewiesen sei, was ja gelegentlich nicht möglich sei. Er bestätigt dies. Nun ja.

Die anwesenden Wissenschaftler, darunter immerhin ein emeritierter Professor der theoretischen Physik aus Freiburg, haben offenbar nichts einzuwenden.

Dann sprechen erst Baumgartner und dann Möllinger. Baumgartner hält einen richtig guten Vortrag über die vorliegenden Erklärungsmodelle zur Wirkungsweise der Homöopathie, Wassercluster, Nanobubbles und so weiter. Er sagt, dass die allermeisten Modelle durch vorliegende Messungen widerlegt seien und auch nicht alle Fragestellungen beantworten könnten, z.B. die Verunreinigung der Materialien. Er stellt noch Messergebnisse vor, die Unterschiede in den Relaxationszeiten zwischen Nieder- und Hochpotenzen aufzeigen, die Effekte sind allerdings sehr klein. Aber immerhin scheint es Hinweise dafür zu geben, dass die Hochpotenzen die Struktur des Wassers beeinflussen könnten. Meine Frage, ob schon verschiedene Hochpotenzen miteinander verglichen worden wären, verneint er, aber sagt, dass dies natürlich eigentlich DIE Fragestellung schlechthin wäre.

Möllinger trägt über seine Untersuchungen zur Arzneimittelprüfung vor. Sinn und Zweck seiner Untersuchungen erschließen sich mir nicht. Ich frage, ob ich das richtig verstanden hätte, dass er alle Symptome in einen Topf werfe, egal in welcher Gruppe (Verum 1, Verum 2 oder Placebo) sie aufgetreten seien, und sie dann von einem Materia-Medica-Experten zu den zu testenden Mitteln zuordnen lasse, und wenn ja, was daraus für eine Aussage abzuleiten sei. Es geht ein wenig hin und her, weil er die Frage offenbar nicht versteht, aber ich lasse es irgendwann gut sein – wir sind schließlich für den nächsten Tag locker zu einem Gespräch verabredet. Es macht keinen Sinn, ihn mit penetranten Fragen zu heftig zu attackieren.

Am nächsten Morgen passiert etwas Merkwürdiges: Ich werde richtig warmherzig empfangen. Im Aufzug unterhalte ich mich mit einem älteren Herrn (= älter als ich), der sich als Neurologe und Homöopath aus Leipzig entpuppt, der sich lebhaft für mich und meine Sichtweise interessiert. Eine Frau Kampmann von der Stiftung Homöopathie Zertifikat spricht mich an, ob sie mich denn für eine ihrer Ausbildungsveranstaltungen zu einer Podiumsdiskussion und zu einem Vortrag über die skeptische Sicht zur Homöopathie einladen dürfe (sie darf natürlich). Die gestern noch etwas spröde Tagungsleiterin unterhält sich mit mir, Frau Schlingensiepen lobt meine Beiträge.

Was ist jetzt passiert? Was habe ich falsch gemacht?

Professor Römer hält seinen Vortrag zur Übertragung von Formalismen und Strukturen der Quantenphysik auf den menschlichen Alltag – für mich leider weitestgehend unverständlich, allerdings könnte man ein paar Aussagen aus dem Sinnzusammenhang reißen (‚Es gibt nicht nur die Kausalität als Weltbild, sondern auch die Assoziation‘ – jetzt aus dem Gedächtnis zitiert, ich muss da vielleicht nochmal nachfragen). Wir diskutieren etwas, ob es nicht eine willkürliche Einteilung sei, ohne eine definierte Grundlage Phänomene der einen oder anderen Kategorie zuzuordnen – die Antwort verstehe ich letztendlich auch nicht.

Von Ammon spricht über die Untersuchungen zu ADHS, über ältere Studien, die Frei-Studie, seine eigene Arbeit. In Letzterer wurde aufgezeigt, dass sehr viele Patienten von der homöopathischen Behandlung so profitiert hätten, dass sie keine Therapie mehr benötigen. Einige Dinge, die ich ihn tags zuvor dazu gefragt hatte, sind in seinen Ausführungen enthalten, auch eine grafische Darstellung des Ergebnisses der verunglückten Cross-Over-Phase aus der Arbeit von Frei (Link). Die von mir zitierte Quelle der Bundesärztekammer, wonach ADHS in hohem Umfang bei Durchlaufen der Pubertät verschwindet, kennt er nicht. Wir wollen uns per Email noch austauschen.

In der Mittagspause habe ich ein richtig gutes Gespräch mit Baumgartner. Ich stelle ihm meine Vorbehalte zu seinen Versuchen mit den Wasserlinsen vor (Auflösung der Messgeräte, Zeitproblematik, Link, Link). Es folgt eine sehr sachliche Diskussion auf Augenhöhe. Er kann meine Sichtweise nachvollziehen und legt dar, wie man bei den Versuchen vorgegangen ist. Man hat beispielsweise dafür Sorge getragen, dass die Gläser immer in der gleichen Reihenfolge gemessen wurden, was aber in der Arbeit nicht beschrieben worden ist. Ich werde meine Artikel zu den Wasserlinsen überarbeiten.

Professor Frass ist erst am zweiten Tag angereist und trägt vor, dass Krebspatienten mit Homöopathika länger leben. Dies sind die Ergebnisse der Arbeit von Gärtner, die ich kürzlich hier im Blog untersucht hatte (Link). Frass hat ein sehr gewinnendes Auftreten, ist amüsant, man kann sich regelrecht vorstellen, wie er auf seine Patienten wirkt, dass er wahrscheinlich keine Kügelchen dazu braucht, deren Lebensqualität zumindest zeitweise zu verbessern. Ich frage ihn, ob die Daten wirklich vergleichbar sind und führe aus, warum ich den Vergleich für einen statistischen Artefakt halte. Ein jüngerer Mann (= jünger als ich) hakt nach, dass es ja schon nach einem Artefakt aussehe, wenn der Vergleich auf unterschiedllichen Startzeitpunkten beruht. Frass ist auf solch eine Frage nicht vorbereitet und sagt zu, dies zu prüfen, wenn ich ihm meine Anmerkungen zuschicke.

Danach haben wir ein längeres Gespräch. Er hatte meinen schriftlichen Gesprächswunsch abgelehnt, weil er nach ‚Aust und Frass‘ gegoogelt hatte und meinen Artikel über Hom-Frass und EBM-Frass gefunden hatte (Link). Es habe ihn geärgert, dass ich geschrieben hätte, dass diese beiden Personen mal miteinander reden sollten. Auch die Kommentare zu diesem Artikel hätten ihn geärgert, irgendwer hätte ihn als Paranoiker verunglimpft. Wir kommen aber doch ins Gespräch. Er ist auf die GWUP nicht gut zu sprechen. Einzelne Herren der Gesellschaft für kritisches Denken, des österreichischen Ablegers der GWUP, sind für ihn ein besonderes Problem. Letztendlich kommen wir aber überein, dass ich ihm meine Kritik an der Gärtner-Arbeit per Mail zukommen lassen soll, dass er das mit der Autorin besprechen kann. Ich erwähne noch, dass ich auch mit anderen seiner Arbeiten ein Problem hätte (Link, Link), bin aber nicht sicher, ob ich angekommen bin.

Natürlich gab es noch ein paar Vorträge zu mehr homöopathischen Themen, zur Verbandsarbeit beispielsweise, und die unvermeidlichen Behandlungsbeispiele und Fallstudien – aber diese waren für mich weniger interessant, daher habe ich auch keine Notizen von diesem Teil.

Bei einem Punkt kam allerdings noch etwas Aufregung auf. Baumgartner trug anstelle des verhinderten Professor Endler Ergebnisse vor, die dieser mit Hilfe seines Versuchsaufbaus zur Verzögerung der Metamorphose von Kaulquappen durch ein homöopathisch aufbereitetes Wachstumshormon ermittelt hat. Hier zeigte sich eine Beeinträchtigung der Wirkung des Homöopathikums durch Handystrahlen. Auch die allgegenwärtigen elektromagnetischen Wellen von WLAN-Netzen könnten die homöopathischen Mittel in ihrer Wirkung negativ beeinflussen. Wenn das stimmen würde – wie sollen Apotheken, Therapeuten und Patienten die Mittel lagern? Insbesondere wenn ein Einpacken in Metallfolie, wie Endler herausgefunden hat, keine sonderlich wirksame Abhilfemaßnahme ist?

Ob wir davon noch etwas hören werden? Man ist ja durchaus in der Kunst nicht ungeübt, unangenehme Wahrheiten zu ignorieren.

‚Meet the Scientist – Wissenschaft am runden Tisch: Während der Tagung finden neben den Hauptvorträgen auch „runde Tische“ mit den verschiedenen Wissenschaftlern statt.‘

So stand es im Programm – fand aber nicht statt. Daher kam es letztendlich auch nicht zu dem eigentlich geplanten Gespräch mit Möllinger.

Abschluss der Tagung. Man sagt sich was Nettes. Frau Dr. Schlingensiepen bedankt sich bei mir für meine Beiträge. Sie meint das offenbar tatsächlich ernst, das Publikum applaudiert. Ich bedanke mich dafür, dass ich fair behandelt worden bin – was mich in der Tat ziemlich verwundert hat. Ich hatte nach dem etwas kontroversen Treffen im Dezember Schlimmeres erwartet. Eine Frau aus dem Publikum wollte mir dann doch noch etwas mit auf den Weg geben, ich lehne die Diskussion aber ab, denn dies könne länger werden. Ich schlage stattdessen vor, bei der nächsten Tagung meine Sichtweise zur Homöopathie in einem Vortrag darzulegen und zur Diskussion zu stellen – und ich ernte Applaus. Frau Dr. Schlingensiepen sagt zu, diesen Punkt das nächste Mal einzuplanen.

Beim Auseinandergehen kommt Professor Frass auf mich zu, um sich zu verabschieden, sagt mir, dass er Mails nicht immer gleich beantworten könne, aber wenn nach einer Woche noch keine Antwort vorläge, dann sei die Mail verlorengegangen und ich sollte mich nochmals melden. Ich rede ja ganz vernünftig, aber ich solle mich vielleicht besser von der GWUP zurückziehen. Professor Römer bietet mir im Weggehen an, die schwache Quantentheorie auf unserem GWUP-Stammtisch in Freiburg vorzustellen und zu diskutieren.

Dann haben mich ein paar von den Berliner Skeptikern abgeholt und wir sind dann zum gemütlichen Teil übergegangen – für dessen Gelingen ich den Kollegen aus Berlin sehr danke.

Bilanz:
Zu einer großen Diskussion über die skeptische Sichtweise zur Homöopathie ist es nicht gekommen. Da hätte ich als einziger Skeptiker gegen 70-80 Hardcore-Homöopathen auch kaum eine Schnitte Brot gewinnen können.

Mein Ziel, mit den Autoren einiger von mir untersuchter Arbeiten in Kontakt zu kommen, habe ich erreicht:
Ich habe zwei interessante ‚Fachgespräche‘ geführt (von Ammon, Baumgartner) und mit weiteren zwei Forschern einen Email-Kontakt verabredet (Frass, Möllinger). Mit Möllinger hatte ich zwar ein Gespräch vereinbart, aber in dem zeitlich engen Ablauf der Tagung kam es leider nicht dazu. Mit einem weiteren (geplanten) Referenten (Endler) bin ich derzeit in einer sehr sachlichen Emaildiskussion über seine Ergebnisse. Ich werde in meinem Blog Stück für Stück darüber berichten.

Ob es tatsächlich etwas bringt, vor Homöopathen meine skeptische Sichtweise in einem Vortrag darzulegen, weiß ich nicht. Ob es wirklich dazu kommen wird, auch nicht. Aber wenn es auch nur hilft, die Sichtweise auf die bösen Skeptiker zu entemotionalisieren, wäre das auch schon etwas.

Ich finde, der Aufwand hat sich durchaus gelohnt, und es war eine schöne Reise nach Berlin – woran die Berliner GWUP-Kollegen durchaus ihren Anteil hatten. Dass der SC Freiburg an diesem Wochenende in Berlin gewonnen hat, erfahre ich allerdings erst, als ich schon wieder in Basel gelandet bin und beim Aussteigen einige Bekannte treffe, die als Schlachtenbummler diesem Ereignis beigewohnt hatten.

Also dann, bis zum nächsten Mal….

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20 Antworten zu Science meets Homeopathy – and one Skeptic

  1. Joseph Kuhn sagt:

    Aus dem Kommentar der Carstensstiftung, zum Vortrag des Physikers Bert Römer: „So sollen etwa Konzepte wie Komplementarität oder Verschränkung, die aus der Welt der subatomaren Teilchen bekannt sind, als Vorlage dienen, um bspw. das Verhältnis ethischer Begriffe wie „Gut“ und „Böse“ adäquat zu erfassen.“ In solchen Sätzen setzt sich das Denken in Analogien über jede Vernunft hinweg. Sokal und Bricmont hatten seinerzeit ein ganzes Buch („Eleganter Unsinn“) darüber geschrieben. Dabei hatten sie postmoderne Philosophen im Visier, die physikalische Konzepte sinnwidrig für ihre Zwecke missbrauchen. Wie man sieht, können Physiker das genauso gut.

    Zu Popper: Brysch bezieht sich auf Popper genau bis zu dem Punkt, wo es ihm passt. Poppers Fazit aus der Analyse des Induktionsproblems war aber nicht etwa, dass jede Hypothese, so lange sie nicht widerlegt ist, gleich viel wert sei. In seiner „Logik der Forschung“ gibt es z.B. ein ganzes Kapitel über Bewährung. Es beginnt mit dem Satz: „Theorien sind nicht verifizierbar; aber sie können sich bewähren.“ Die Bewährung einer Theorie hat er dabei an der Substanz der bisherigen Prüfprozesse festgemacht.

  2. Peter H. sagt:

    Zu dem Zitat von Brysch jr:
    „Wer Popper, so wie er (Brysch jr.) als Historiker, richtig verstanden hätte, wüsste doch, dass eine Theorie so lange Bestand haben müsse, bis nachgewiesen sei, dass sie nicht zuträfe.“

    Ich habe mir dazu extra nochmal das Buch Ausgangspunkte von Karl Popper aus der Bücherei geholt, weil dort das Zitat von den kühnen Theorien zu finden ist:

    Dort steht dann auch:
    „Meine Auffassung implizierte, dass wissenschaftliche Theorien für immer (es sei denn, dass sie falsifiziert werden) Hypothesen oder Vermutungen bleiben müssen.“
    und
    „So kam ich, gegen Ende des Jahres 1919, zu dem Schluss, dass die wissenschaftliche Haltung die kritische war; die Haltung, die nicht auf Verifikation ausging, sondern kritische Überprüfungen suchte: Überprüfungen, die die Theorie widerlegen konnten; die sie falsifizieren konnten, aber nicht verifizieren. Denn sie konnten die Theorie nie als wahr erweisen.“

    Wie man aus diesen Sätzen (auch als Historiker) folgern kann, „dass auch verrückte Ideen als richtig gelten könnten, bis das Gegenteil bewiesen sei“, ist mir unverständlich oder noch treffender, da missbraucht jemand Popper.

  3. Jochen Machatschke sagt:

    Was schreiben die denn da? Homöopathie funktioniert und kann in Versuchen reproduziert werden?!? Ich bin fassungslos. Das ist doch selbst für die Carstens-Stiftung neu, oder? Bislang war mir die Aussage bekannt, es gäbe (noch immer ) keinen Nachweis über die Wirksamkeit…

  4. Pingback: Esoterik – die Religion des 21. Jahrhundert | Ratgeber-News-Blog

  5. Ulf sagt:

    Norbert,
    es ist mir eine Freude dich zu kennen. Dein Engagement ist kaum zu toppen.
    Ich denke, dass die GWUP als solche ein Negativimage hat, ist ja auch seine gesunde Berechtigung. Mir hats geholfen und mich zum Grübeln wider des globulifreundlichen Unverstandes gebracht. Und deswegen ist gerade gut nach all dem heftigem Kanonenfeuer nun mit einer Good Will Offensive ins Lager der Globulisten zu gehen. Es zeigt sich ja eher bei jenen eine zuckende Verunsicherung die sich über homöop. Kritik empören. Eine D Potenz hat mir bislang noch keinerlei echte Wirkung eingebracht. C dto. Wieso? Weil ich wissen will, was und wie etwas funktionieren soll und könnte. Daher weiter so.

  6. Norbert Aust sagt:

    Ja, das schon. Aber nicht zehn Mal auf einen festen Gegenstand ….

  7. Christian Becker sagt:

    Großartig.

    Aber beim Gedanken an Homöopathie schüttelt es Sie doch schon gelegentlich, oder?

  8. Norbert Aust sagt:

    … aber ich wurde nicht geschüttelt …

  9. Joseph Kuhn sagt:

    Lieber Norbert, Dein Bericht macht mich etwas nachdenklich. Ob die Homöopathen nicht doch recht haben? Ein Skeptiker unter 50 bis 100 Homöopathen – also eine homöopathisch verdünnte Skeptikerei – wirkt und verändert das Sozialverhalten der Homöopathen. Echt unheimlich.

  10. Norbert Aust sagt:

    Danke für das positive Feedback allerseits. Ich bin mal gespannt, wie sich das weiter entwickelt. Vorige Woche habe ich allen angesprochenen Forschern und Wissenschaftlern meine Argumente schriftlich zukommen lassen. Bisher habe ich nur eine Antwort bekommen, der Rest steht noch aus.

    Schaunmerma.

  11. Rolf Wagels sagt:

    Moin
    jau, auch von meiner Seite Glückwunsch und Dank! So muss es gehen, so kann man darauf hoffen, zumindest einige Menschen zu erreichen.
    Danke und Grüße
    Der Rolf

  12. Cliff sagt:

    Finde ich super, dass Sie den Dialog suchen. Hoffe es kommt zu beiderseitigem Erkenntnisgewinn.

  13. Michael Fischer sagt:

    Ein toller Bericht und überhaupt eine Klasse-Aktion!

    Ich denke, so etwas ist ausgesprochen wichtig. Es sollte uns Skeptikern ja nicht primär darum gehen, in selbstgefälliger Manier anderen ihre Einfalt und Ignoranz unter die Nase zu halten.
    Um tatsächlich etwas bewegen zu können, muß man auch zuhören können, sonst redet eben auch keiner mit einem.

    Und das scheint Dir ja hervorragend gelungen zu sein, Norbert!

  14. C.W. sagt:

    Vielen Dank, dass Sie sich da so engagieren, Ich glaube Sie haben eine angenehme ruhige Art, Ihre Kritik vorzubringen , gepaart mit fundiertem Wissen, das Sie sich mittlerweile erworben haben,….. und lassen dabei den Homöopathen immer noch Ihren Raum….das ist gut und ich hoffe es fruchtet auf irgend eine Art und Weise….danke nochmals dafür….

  15. Jörg W. sagt:

    Ich gratuliere, dass Sie nach der langen Zeit, die Sie sich mit dem Thema schon befassen ganz offensichtlich immernoch große Diplomatische Fähigkeiten besitzen. Dass die Leute Ihnen dort zugehört haben, ist ein Erfolg.

  16. Christian Becker sagt:

    Mutig, mutig. Aber es scheint sich ja ausgezahlt zu haben. Ich bin gespannt, was der Austausch mit den vorher kritisierten Homöopathen an neuen Erkenntnissen bringt, z.B. bezüglich der Wasserlinsen.

  17. jemseneier sagt:

    Hallo Norbert,
    zu diesem Satz hier: „wüsste doch, dass eine Theorie so lange Bestand haben müsse, bis nachgewiesen sei, dass sie nicht zuträfe. Ich frage nach, ob das denn wirklich so sein kann, dass auch verrückte Ideen als richtig gelten müssten, bis das Gegenteil bewiesen sei, was ja gelegentlich nicht möglich sei.“
    das gibt´s halt den guten alten Okham mit seinen Rasierer, der besagt dass man immer mit der Theorie auskommen muss, die die wenigsten (und wahrscheinlichsten) Faktoren braucht. Mehr ist einfach unsinnig. Also wenn zur Gänze ein Sachverhalt durch die Placebo-Wirkung erklärt werden kann, braucht man nicht krampfhaft versuchen irgendwo noch „geistartige Kräfte“ (Homöopathie…) einzubauen. Die Sache ist also sehr einfach…
    https://chiemgaugemseneier.wordpress.com/2014/06/29/ockhams-rasiermesser/

    Und zur Scientabilität von schrägen Theorien fällt mir immer wieder der Film UHF ein: Da will jemand den Pudeln das Fliegen beibringen, indem er sie aus dem Fenster wirft. Keiner der Hunde fliegt (wäre ja nach allem was wir über die Naturgesetzte wissen sehr unmöglich…) Sein Fazit aber lautet: Er braucht mehr Pudel! … und solange dieser Typ die Pudel aus dem Fenster wirft könnte ja was dran sein? …oder auch nicht?…
    Hören wir auf die Pudel aus dem Fenster zu werfen, wir können damit die Naturgesetze nicht verbiegen! Hören wir auf, Homöopathie als Medizin anzusehen und legen das Zeug zu den anderen Fakes der Medizingeschichte.

  18. AlteWeser sagt:

    Respekt dafür, sich einem 1:80 Kräfteverhältnis auszusetzen. Dabei kann es schon mal ziemlich einsam werden. Schön, dass es sich dafür in der Summe gelohnt hat, und ich stimme zu: allein schon eine Entemotionalsierung wäre eine gute Sache.

  19. Pingback: Allein unter Globulisten: Kritiker Norbert Aust bei „Science meets Homeopathy“ in Berlin @ gwup | die skeptiker

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