Homöopathie in Traunstein – letztes Update für 2013

In den  letzten Tagen wurden noch ein paar Dinge angestoßen, über die es sich lohnt, hier als letzten Blogbeitrag vor Weihnachten – vielleicht sogar dem letzten in diesem Jahr – eine kurze Zusammenfassung zu liefern.

Zunächst hat auch Ute Parsch einige Aktivitäten unternommen, ihr Anschreiben an das Bayerische Kultusministerium findet sich hier. Die Anwort des Ministeriums findet sich hier, darin wird erwartungsgemäß auf die Zuständigkeit der Berliner Senatsverwaltung verwiesen, da die Verantwortung für den in der Homöo-Akademie angebotenen Studiengang von einer Hochschule in Berlin getragen wird.

In einem Schreiben an die Berliner Senatsverwaltung bittet sie um eine Information zum Sachstand der staatlichen Anerkennung des Traunsteiner Studienganges (Link). Sie kommt darin zu der Schlussfolgerung, dass die im Berliner Hochschulgesetz festgeschriebenen Ziele einer akademischen Ausbildung (Fähigkeit zu wissenschaftlicher Arbeit und kritischem Denken) nach Lage der Dinge nicht erbracht werden können. Auch gibt sie zu bedenken, welch eine Abwertung es für andere Träger eines Bachelor of Science bedeuten würde, wenn die in Traunstein mögliche Ausbildung ebenfalls zu einem solchen Grad führte, oder sogar, was dies für den Wissenschaftsstandort Deutschland bedeuten könnte.

Bekanntlich bietet die Steinbeis-Hochschule Berlin über verschiedene ihrer Transferinstitute Studiengänge im Bereich Complementary Medicine an, die in verschiedenen Vertiefungsrichtungen studiert werden können, und die ebenfalls zu einem Bachelor of Science führen sollen (Link erloschen). Ich habe mir erlaubt, den Stand der Akkreditierungen für diese Studiengänge zu recherchieren. Ergebnis: Eine Akkreditierung kann für keinen dieser Studiengänge verifiziert werden, weder in der Datenbank des Akkreditierungsrates noch in der der Hochschulrektorenkonferenz. Details finden sich auf meinem Blog unter diesem Link. Eine entsprechende Überprüfung meinerseits zeigte auch, dass auf keiner Webseite der in Deutschland zugelassenen Akkreditierungsagenturen Angaben zu finden sind, dass man ein entsprechendes Verfahren durchgeführt hätte.

Ich habe die Steinbeis-Hochschule Berlin um eine Stellungnahme zu diesem Sachverhalt gebeten (Link). Sollte sich tatsächlich erweisen, dass Bachelor- oder gar Masterstudiengänge durchgeführt und die entsprechenden Grade verliehen wurden, ohne durch eine entsprechende Akkreditierung und staatliche Anerkennung dazu berechtigt gewesen zu sein, kann das zu Konsequenzen führen, die gegebenenfalls für die SHB selbst, die betroffenen Institute und deren Absolventen recht unangenehm werden könnten. Ob das für die Akademie in Traunstein von Bedeutung wäre, sei einmal dahingestellt.

Als Reaktion auf meinen ersten Brief (hier ) hatte Chiemgau24.de hier einen Beitrag veröffentlicht, in dem unter anderem die Leiterin der Homöo-Akademie, Frau Wilhelm, berichtete, dass das Kollegium um zwei ‚Professoren‘ erweitert werden würde. Dies ist offenbar in der Zwischenzeit erfolgt, denn auf der Homepage der Akademie (21.03.2014: Link ist erloschen) wurde die Liste der Dozenten erweitert.

Soweit ersichtlich, handelt es sich einerseits um eine Medizinerin, die ihren in Österreich erworbenen Doktortitel nicht im Namen führt. Ich vermute, dass dies daran liegt, dass es sich bei dem österreichischen Grad eines Dr. med. univ. um ein sogenanntes ‚Berufsdoktorat‘ handelt, das in Deutschland einem erfolgreich abgelegten Staatsexamen entspricht, aber nicht einer Promotion, somit hierzulande nicht zum Führen eines Doktor-Grades berechtigt, siehe Wikipedia-Artikel zum Thema ‚Doktor der Medizin‘. Damit erfüllt sie die Voraussetzungen für eine Festanstellung als Professor an einer staatlich anerkannten Hochschule nicht, die ausdrücklich eine Promotion oder einen anderen Nachweis herausragender wissenschaftlicher Leistungen verlangen.

Bei dem zweiten Neuzugang handelt es sich tatsächlich um einen ausgewiesenen Wissenschaftler, der aber offenbar nur als einer von vier Dozenten im Fach Medizinische Propädeutik tätig werden soll. Handelt es sich dabei um mehr als ein paar Stunden Vorträge zu seinem Spezialgebiet, der Neurologie, die nur als einer von zwanzig Themenpunkten der Propädeutik genannt wird? Auf keinen Fall scheint er, der einzige ausgewiesene Wissenschaftler dieser Akademie ‚auf Hochschulniveau‘, dort eine prägende Rolle zu spielen.

Letztendlich nutzt es der Ausbildung der Studenten vor Ort wenig, wenn die Steinbeis-Hochschule als Ganzes vielleicht über einen regelkonformen Lehrkörper verfügt, die Akademie in Traunstein aber autark agiert und ausschließlich ihr eigenes Lehrpersonal einsetzt, so wie es derzeit benannt ist. Eine ‚automatische‘ Gültigkeit der staatlichen Anerkennung der SHB auf die Traunsteiner Akademie erscheint mir aus diesem Grunde nicht gerechtfertigt. Letztendlich will der Gesetzgeber eine hochwertige Ausbildung der Studenten sicherstellen, die der in Traunstein vorgehaltene Lehrkörper nach gegenwärtigem Stand wohl kaum erbringen kann. Ausdrücklich wird gefordert, dass mindestens die Hälfte der Lehre durch festangestelltes Lehrpersonal erbracht wird, das ein abgeschlossenes Hochschulstudium und eine Promotion vorweisen kann. In Traunstein hingegen konzentrieren sich vier der sechs promovierten Mediziner auf ein einziges der drei zu lehrenden Fächer (Medizinische Propädeutik). Ob diese Mediziner dafür tatsächlich ihre jeweiligen Praxen oder Festanstellungen in Krankenhäusern aufgegeben haben und nun hauptberuflich an der Homöo-Akademie engagiert sind?

Ich habe mir daher erlaubt, die Berliner Senatsverwaltung  für Bildung, Jugend und Wissenschaft auf die angeblich vorliegende staatliche Anerkennung anzusprechen (Link). Darin bitte ich darum, die Grundlagen der staatlichen Anerkennung des Studienganges zu überprüfen und je nach Ergebnis und Sachstand entsprechende Konsequenzen zu ziehen.

Ich denke, der Januar wird einige interessante Klärungen bringen.

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11 Antworten zu Homöopathie in Traunstein – letztes Update für 2013

  1. Pingback: Traunstein: Homöo-Akademie geht vorerst nicht an den Start @ gwup | die skeptiker

  2. Smolny sagt:

    Noch etwas, die von ihnen angesprochene Ärztin wurde 1997 mit Studium fertig. Somit studierte sie noch in der alten Studienordnung (letzter Durchgang startete 2001). Die neue Studienordnung begann 2002 (und somit die Berufstitel).

    Alte Studienordnung war ein Doktorratsstudium und man schloss dieses mit einer Promotion ab. Soweit ich mich noch erinnern kann, mit Dissertation oder „vertiefter Ausbildung“ in einem Fach.

    mfg ein Dr.med.univ. 😉

  3. Smolny sagt:

    Kleine Korrektur, Dr. med. univ. hat nichts mit Universität zu tun, sondern steht für „medicinae universae“. Bedeutet „Gesamtheilkunde“.
    Es gibt noch med.dent für Zahnheilkunde und med.vet. für Tierärzte.

    Es handelt sich um einen reinen Berufstitel (so wie auch M.D. in den USA, hat nichts mit Studienlänge zu tun.

  4. Pingback: GWUP kritisiert die geplante Homöo-Akademie in Traunstein @ gwup | die skeptiker

  5. Laut Salzburger Nachrichten ist der zweite Professor offenbar Michael Frass. Das kann ja heiter werden.

  6. ratiogeraet sagt:

    Das wird spannend, was da noch bezüglich der Akkreditierung dieses ganzen Konglomerats zutage kommt…. am meisten gespannt bin ich natürlich auf die Stellungnahme der Steinbeis-Hochschule!

  7. Pingback: Neues aus Traunstein: “Studien kritisch analysieren” @ gwup | die skeptiker

  8. Norbert Aust sagt:

    Da kommt jetzt einiges durcheinander. Versuchen wir, dies zu sortieren.

    Die universitäre Ausbildung zum Mediziner ist in Österrreich sicher nicht schlechter oder besser als in Deutschland. Zumindest habe ich überhaupt keinen Anlass, an der Qualität der Ausbildung in Österreich zu zweifeln. Das heißt, es gibt für mich keinen Anhaltspunkt, in Frage zu stellen, dass die Ärztin, um die es hier geht, eine solide medizinische Ausbildung durchlaufen hat. In Österreich wird bei einem erfolgreichen Abschluss des Studiums ein Titel oder akademischer Grad verleihen, der anders heißt als bei uns, aber das ist für unsere Betrachtungen völlig unbedeutend.

    Für eine Festanstellung als Mitglied des Lehrkörpers einer Hochschule wird in Deutschland eine Promotion verlangt, die die Anfertigung einer Dissertation mit den damit verbundenen Forschungstätigkeiten beinhaltet. Das hat sie – zumindest soweit das bisher erkennbar ist – nicht vorzuweisen. Ebenfalls unabhängig davon, wie dies in Österreich heißt. Das ist der Kritikpunkt – nicht der Zweifel an der Qualität des absolvierten und abgeschossenen Studiums.

    Die Sache mit dem ‚Professor‘ als Titel ist schwieriger. Man wird dadurch zum Professor, dass man an einer Hochschule in das Kollegium aufgenommen wird, was üblicherweise als ‚Berufung‘ bezeichnet wird. Den Titel als Professor darf man solange führen, wie man diese Aufgabe wahrnimmt. Unter bestimmten Voraussetzungen darf man den Titel auch weiter führen, wenn man die Lehrtätigkeit aufgegeben hat, aber ansonsten bedeutet ein Titel als Professor, dass man aktuell als Lehrer an einer Hochschule tätig ist. Das heißt, man bewirbt sich als Doktor an der Hochschule, die einen einstellt, sofern man die Voraussetzungen dazu erfüllt, und wird durch diesen Akt zum Professor.

    Das heißt, Professor Schwarz ist Professor, weil er entweder durch seine Lehrtätigkeit an anderen Hochschulen noch Professor ist oder anderweitig aus der Vergangenheit den Titel noch führen darf. Die Ärztin aus Österreich könnte zum Professor werden, indem sie an eine staatlich anerkannte Hochschule als fest angestellte Lehrkraft berufen werden würde – was die Akademie in Traunstein nicht ist und wofür die Ärztin die Voraussetzungen nicht erfüllt.

  9. Dr. Michael Bauer sagt:

    Die neue Dame bei der Akademie ist also doch keine Professorin
    Den Titel Dr med univ darf man aber inDeutschland grundsätzlich führen. Es darf aber nicht Dr med alleine sein und eigentlich sollte dann auch die Uni dabeistehen, also z. B. Dr med univ Innsbruck oder Dr med univ Padua. In Italien und Österreich sind das die Studienabschlüsse . Im deutschösterreichischen Grenzgebiet, auch in Traunstein, arbeiten zahlreiche Ärzte mit diesem Titel, der dann auch auf dem Praxisschild steht oder auf dem Namensschild in der Klinik
    Die Österreicher rechtfertigen diesen Studienabschlusstitel auch damit, dass ein Medizinstudium länger als andere Fächer dauert
    Die Dame könnte somit diesen Titel auch in Deutschland führen

  10. Norbert Aust sagt:

    Für die staatliche Anerkennung liegt die Verantwortung in Berlin. (Adresse siehe hier).

    Daneben gibt es natürlich noch die Verantwortlichen in Politik und der Akademie selbst. Deren Adressen gibt es auf der Homepage der Stadt und des Landkreises Traunstein beziehungsweise auf der Homepage der Homöo-Akademie (www.homoeo-akademie.de).

  11. Rolf Wagels sagt:

    Moin
    sehr gut. Ich wollte zwischen den Festtagen endlich auch mal einen Brief losschicken. Wohin sollte der in der aktuellen Sachlage am besten gehen? Bayern? Berlin?
    Danke und Grüße
    R. Wagels

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