Kinderwunsch Homöopathie und Carstens-Stiftung – die Zweite

Außer dem Thema der Homöopathie-Hochschule in Traunstein hatten wir vor einiger Zeit noch eine andere Baustelle begonnen. In diesem Artikel hatten wir dargestellt, dass die Carstens-Stiftung bei unerfülltem Kinderwunsch nachdrücklich zu einer homöopathischen Therapie rät. Schließlich seien die Erfolgsaussichten mit einer konventionellen Therapie vergleichbar – obwohl die Studienlage diesem Sachverhalt klar widerspricht. Wir hatten unsere Ergebnisse in einem offenen Brief der Carstens-Stiftung mitgeteilt – der vollkommen ohne Reaktion blieb.

Ein Beitrag von Ute Parsch und Norbert Aust

Es ist eigentlich unfassbar. Nicht nur, dass für homöopathische Mittel kein Wirkungsnachweis geführt werden muss, man kann offenbar unbeschadet sogar mit falschen Aussagen werben. Der Staat versucht unablässig seine Bürger vor allem möglichen Unbill zu schützen, zum Beispiel vor zu krummen Gurken. Aber in einer Angelegenheit, die für die Betroffenen vermutlich in sehr hohem Maße über das persönliche Lebensglück entscheidet – da besteht offenbar keine Notwendigkeit, auf sachliche Hinweise auf eine erheblich zu positive Darstellung der Studienlage zu reagieren

Die Schutzfunktion des Staates greift sogar genau anders herum. Wenn wir in einem solchen Fall (also irgendeinem beliebigen ähnlich gelagerten Fall, liebe Juristen, nicht diesem hier) die Feststellung treffen würden (Konjunktiv, liebe Juristen – wir tun es nicht!), dass man ohne stichhaltige Grundlage Informationen verbreite, die geeignet wären, die Leser zu einer für sie nachteiligen Handlung zu veranlassen – dann könnte man uns wohl wegen übler Nachrede, Geschäftsschädigung oder ähnlicher Tatbestände zur Verantwortung ziehen, ein Beispiel findet sich hier 

Aber – das machen wir nicht, aus besagtem Grunde.

Wir stellen vielmehr die zweite Studie vor, die von den gleichen Autoren veröffentlicht wurde und die ebenfalls im Volltext auf der Webseite der Carstens-Stiftung verfügbar ist, dort also bekannt sein müsste.

Diese Studie [1] erschien 1995 in „Erfahrungsheilkunde“ und steht im Volltext auf den Seiten der Karl und Veronica Carstens Stiftung zur Verfügung.

Durchführung und Ergebnisse der Studie:

Die Studie berichtet über die homöopathische Behandlung von ursprünglich 182 Frauen im Zeitraum von 1990 bis 1992. Behandlungsgrund war bei allen hormonelle oder idiopathische Unfruchtbarkeit. Bei der letzteren liegen minimale Veränderungen bei beiden Partnern vor, die für sich genommen den unerfüllten Kinderwunsch medizinisch nicht erklären können, in ihrer Kombination scheinen sie aber zum Ausbleiben der Schwangerschaft zu führen.

Die Kriterien für eine Teilnahme an der Studie waren exakt dieselben, wie aus der Studie 1993a:

„Für eine homöopathische Behandlung kamen nur folgende Frauen in Frage: mindestens zweijähriger Kinderwunsch, normales oder höchstens leicht eingeschränktes Spermiogramm bei positivem Sims-Huhner- und/oder Kremer-in-vitro-Spermienpenetrationstest, mindestens ein gut durchgängiger Eileiter.

Folgende Störungen mussten ausgeschlossen sein: Hypergonadotrope Ovarialinsuffizienz, Hypophysentumor, Hypophyseninsuffizienz, Hypo-, Hyperthyreose, Alkohol und/oder Drogenabusus, schwere Allgemeinerkrankungen.“

Auch hier war die Studienteilnahme freiwillig, alle Patientinnen wussten also, dass sie homöopathisch behandelt wurden.

Die Patientinnen wurden im Rahmen dieser Studie sowohl mit homöopathischen Einzelmitteln behandelt, als auch mit Komplexmitteln. War nach 6 – 12 Monaten keine Schwangerschaft erreicht, so wurde den Patientinnen empfohlen, sich konventionell behandeln zu lassen, eine längere homöopathische Behandlung war aber möglich.

Zwei Jahre nach Abschluss dieser homöopathischen Behandlung wurden die Frauen noch einmal telefonisch kontaktiert. Von 168 Teilnehmerinnen liegen Informationen über den weiteren Verlauf bis 1994 vor. Die Studie bezieht sich daher ausschließlich auf diese 168 Patientinnen, zum großen Teil sogar nur auf die 150 Patientinnen, die entweder bereits während der homöopathischen Behandlung schwanger geworden waren oder aber nach Ablauf des 4 Jahreszeitraumes noch immer kinderlos waren.

Bis zum Ende der homöopathischen Behandlung 1992 waren insgesamt 47 Frauen schwanger geworden. Nach dem Ende der Behandlung 1992 noch einmal 18 Frauen (7 ohne weitere Therapie, 5 mit alternativer Therapie und 6 nach konventioneller Therapie). 1994 waren immer noch 103 Frauen kinderlos.

Die Autoren vergleichen nun eine ganze Menge erhobener Daten der kinderlos gebliebenen Frauen (n = 103) mit denen, die unter der homöopathischen Behandlung schwanger wurden (n = 47).

Was bedeutet es eigentlich für die Daten, nur diese 150 Frauen zu betrachten? Es fehlen die 18 Frauen, die nachträglich schwanger wurden und die weiteren 14, die man offenbar nicht mehr erreichen konnte. Das heißt, die Menge der nicht erfolgreich behandelten Frauen ist um diese 32 Teilnehmerinnen reduziert worden: Diese hatten offenbar die homöopathische Behandlung abgeschlossen (sonst wären sie sicher nicht angesprochen worden), waren aber dabei nicht schwanger geworden (sie wären sonst in den 47 mitgezählt worden). Ansonsten ist kein Langzeiteinfluss in die Betrachtung eingeflossen.  

Ohne nun auf die wahre Fülle der vorgestellten Vergleiche einzugehen, erfahren wir zum Beispiel, dass die „erfolgreich behandelten“ signifikant jünger waren. Ebenso unterschied sich der Zeitraum, in dem sich die Patientinnen bereits intensiv um ein Kind bemüht hatten, signifikant: In der Gruppe der Schwangeren war dieses Bemühen signifikant kürzer. (Wobei doch erstaunt, dass sich mit 33 von 150 Patientinnen ein ganz erheblicher Teil vorher noch nie um eine Therapie bemüht hatte.)

Die Auswertung der Postkoitaltests ergab, dass in der „erfolglos behandelten Gruppe“ die Spermienfunktion schlechter war als in der „erfolgreich behandelten Gruppe“. In der immer noch kinderlosen Gruppe gab es zudem mehr diagnostizierte Endometriosen.

Auch die hormonellen Störungen und ihre Entwicklung waren in beiden Gruppen unterschiedlich.

Diskussion

Die Autoren folgern aus den von ihnen vorgestellten Zahlen

„Zum ersten Mal konnte am Beispiel einer großen Zahl von Frauen gezeigt werden, dass die hormonell und idiopathisch bedingte Unfruchtbarkeit erfolgreich mit Homöopathie behandelt werden kann.“

Doch kann man das so sagen?

Nein.

Was muss man tun, um beim Schießen mitten ins Schwarze zu treffen? Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten: entweder man lernt schießen, besorgt sich eine gute Waffe, übt viel und regelmäßig. Dann ist es endlich soweit, man stellt sich im richtigen Abstand vor die Scheibe, sucht sich einen festen und sicheren Stand, kontrolliert sein Atmen, konzentriert sich, zielt sorgfältig auf diesen erstaunlich kleinen schwarzen Mittelpunkt – und drückt ab. Möglicherweise hat man dann sogar getroffen.

Die andere Möglichkeit ist, man schießt erst, einfach irgendwie irgendwohin auf ein Scheunentor und malt hinterher die Scheibe um die Stelle herum, die man getroffen hat. Das ist nicht nur eine einfachere und schnellere Methode, sie funktioniert auch todsicher. In Anlehnung an diese Karikatur heißt dieser Fehlschluss, bei dem man erst feststellt, welches Ergebnis man erzielt hat und danach das Ziel formuliert ‚Texas sharpshooter fallacy‘ oder Zielscheibenfehler.

Wikipedia (Link) beschreibt ihn etwas sachlicher als

„den Denkfehler, aus einer Häufung von Ereignissen auf einen kausalen Zusammenhang rückzuschließen. Kausalität kann jedoch prinzipiell nur gezeigt werden, wenn die Hypothesen vor dem Experiment formuliert und dann getestet werden.“

Genau das ist hier geschehen. Wir haben eine Gesamtgruppe von Patientinnen mit unterschiedlichen Diagnosen und damit unterschiedlichen Chancen auf eine Schwangerschaft. Nach der Behandlung ist ein Teil der Patientinnen schwanger geworden. Dann vergleicht man die Eigenschaften der Gruppe der Schwangeren mit denen der Gruppe der immer noch kinderlosen Frauen und findet verschiedene Unterschiede.

Die Gruppen sind nicht durch Zufall zusammengestellt, sondern durch Erfolg / nicht Erfolg. Es ist eine Binsenweisheit, auf die man auch ohne Forschen hätte kommen können, dass sich in der Gruppe der erfolgreichen Frauen eher diejenigen finden, bei denen günstigere Randbedingungen gegeben waren als in der anderen. Das ist ähnlich aufsehenerregend wie die Feststellung, dass bei einem Schwimmwettkampf nur Schwimmer ans Ziel gekommen sind.

Natürlich werden in der Gruppe der Frauen, die schwanger wurden, diejenigen sein, bei denen eine normalere Spermienfunktion festgestellt wurde. Dort werden diejenigen sein, deren hormonelle Schwankungen sich besser normalisiert oder zumindest zeitweise normalisiert hatten. Diese völlig logische Tatsache auf eine erfolgreiche Behandlung, also eine gezielte Wirkung der Homöopathika zurückzuführen, ist ein logischer Fehlschluss und durch nichts gerechtfertigt. Mit demselben Gedankengang hätte man auch herausfinden können, die erfolgreich behandelten Patientinnen seien durch die Gabe der Homöopathika jünger geworden, denn auch darin unterscheiden sich ja die beiden Gruppen.

Das Ergebnis schwanger geworden/nicht schwanger geworden teilt einfach die ursprüngliche große, einheitlich behandelte Gruppe in 2 Untergruppen ein, die die Autoren suggestiv die „erfolgreich behandelte Gruppe“ und die „erfolglos behandelte Gruppe“ nennen. Sie stellen im Nachhinein fest, dass in der Gruppe der Patientinnen, die schwanger wurden, diejenigen sind, deren Daten wiederspiegeln, dass sie von den rein körperlichen Voraussetzungen her bessere Chancen auf eine Schwangerschaft hatten. Nichts ist weniger erstaunlich als das.

Über die eingesetzte Therapie sagt dies also gar nichts aus, die Autoren erzeugen vielmehr den Unterschied der Gruppen gerade durch das Auswahlkriterium „schwanger geworden/nicht schwanger geworden“.

Im Diskussionsteil der Studie bezweifeln die Autoren selbst die spezifische Wirkung der Homöopathika als Ursache für die eingetretenen Schwangerschaften:

„Ob der Erfolg dieser Behandlung tatsächlich über einen Placeboeffekt hinausgeht, vergleichbar mit psychotherapeutischen Bemühungen ist oder sogar darüber hinausgeht, lässt sich anhand der vorliegenden Daten nicht klären.“

In der folgenden Tabelle ist dargestellt, welche Mittel verabreicht wurden. Es sind die Medikamente aufgeführt, die von den erfolgreich behandelten Frauen eingenommen wurden. Man erkennt, dass die Anteile der Frauen, die das jeweilige Mittel eingenommen hatten und schwanger wurden, weitestgehend dem der Frauen glich, die nicht schwanger wurden. Wenn es größere Unterschiede gab, dann war der Anteil bei den kinderlos gebliebenen Frauen sogar meist höher.

Mittel Schwangerschaft keine Schwangerschaft
Sepia 34 % 32 %
Pulsatilla 28 % 27 %
Sulfur 21 % 22 %
Natrium muriaticum 21 % 40 %
Nux Vomica 17 % 16 %
Lycopodium 17 % 18 %
Calcium carbonatum 15 % 12 %
Thuja 13 % < 11 %
Phosphor 11 % 20 %
Ignatia 11 % 24 %

Ist denn wirklich niemandem aufgefallen, was diese Tabelle aussagt, nach der Umstellung schon auf den ersten Blick?

Stellen Sie sich vor, am Ende einer ausgiebigen Party ziehen Sie Bilanz, welche Gäste einen Rausch hatten und welche nicht. Wenn der Genuss von Alkohol die Ursache für dieses Ergebnis war – wir vermeiden den Begriff ‚Erfolg‘ – dann ist der Anteil derjenigen, die dem Alkohol heftig zugesprochen haben, sicher in der Gruppe der Berauschten höher als in der Gruppe der Nüchternen. Wäre jedoch der Anteil der Alkoholtrinker bei den Nüchternen größer – dann sollten Sie mal über die anderen konsumierten ‚Genussmittel‘ nachdenken, die vielleicht zum Einsatz gekommen waren.

Etwas wissenschaftlicher: wenn man am Beispiel Sepia die Daten einmal so aufbereitet, wie man es für einen Signifikanztest normalerweise tut, dann entsteht folgende Tabelle:

 

Sepia

keine Sepia

Summe

Erfolg

16

33

49

kein Erfolg

31

70

101

Summe

47

103

150

Wie vielleicht erinnerlich, kann man die Wahrscheinlichkeit dafür errechnen, dass ein solches Ergebnis durch Zufall auftritt, auch wenn die beiden Gruppen gleich sind, also das Medikament nicht gewirkt hat. Erst wenn ein solches Ergebnis unwahrscheinlich wäre, die Wahrscheinlichkeit also klein wäre, kann man aus diesem Ergebnis schließen, dass es einen Unterschied zwischen den Gruppen gegeben hätte – auch wenn daraus noch nicht zwingend folgen würde, dass es das Medikament war, das den Unterschied herbeigeführt hat. Mit einem Pearson-Test ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von über 80% – was bestimmt kein kleiner Wert ist.

Schlussfolgerung: Für Sepia ist aus diesem Versuchsergebnis keine Wirksamkeit nachweisbar. Genau so ergibt sich das für die anderen Wirkstoffe. Bei Ignatia, Phosphor und Natrium muriaticum lässt sich sogar eher nachweisen, dass sie Schwangerschaften verhindern. Würde man diese nämlich hinsichtlich der Eigenschaften bewerten, Schwangerschaften zu verhindern, ergäben sich signifikante Ergebnisse.

Quintessenz:

Diese Daten zeigen zweifelsfrei, dass bei allen eingesetzten Medikamenten keine spezifische Wirksamkeit nachgewiesen werden konnte, dass sie eine Schwangerschaft begünstigen. Sicher wird man einwenden können, dass man dies nicht verallgemeinern kann, dass es unter bestimmten Voraussetzungen, die die Studie nicht hinreichend betrachtet, vielleicht doch…

Mag alles sein.

Aber bei den Frauen, die sich in der fraglichen Zeit in Heidelberg haben homöopathisch behandeln lassen, haben die eingesetzten Mittel keine positive Wirkung gezeigt. Dies steht allerdings im Gegensatz zu der Einschätzung der Autorin der Studie. Sie sieht in ihren Ergebnissen durchaus einen Erfolg der homöopathischen Behandlung, wenn sie auch darauf hinweist, dass die Ergebnisse keine Beurteilung zulassen, ob es sich um einen Placeboeffekt handelt. Sie hatte sich allerdings auch nicht die Mühe gemacht, die Daten zur Einnahme der Medikamente eingehender miteinander zu vergleichen.

Vergleicht man die Ergebnisse dieser Studie mit den Ergebnissen aus 1993, die der Therapieaussage der Carstens-Stiftung zugrunde liegen, dann ergibt sich folgender Vergleich:

In jener Studie waren bei 21 homöopathisch behandelten Frauen 6 Schwangerschaften aufgetreten, die alle zur Geburt eines gesunden Kindes geführt haben, was einer ‚Baby-Take-Home-Rate‘ von 29 % entspricht. Die jetzigen Ergebnisse sind deutlich ungünstiger: Es wurden zwar in etwa vergleichbar viele Frauen schwanger (47 von 182 Teilnehmerinnen, entsprechend 26%), es traten aber eine Reihe von Schwangerschaftsabbrüchen auf (12), so dass die Baby-Take-Home-Rate nur noch 19 % betrug, also rund ein Drittel niedriger.

Ich habe einmal nach einer Arbeit gesucht, die untersuchte, ob denn Paare mit idiopathischer Sterilität (bei denen also keine körperliche, funktionale Ursache bestimmbar ist) spontan doch noch Kinder bekommen können, und stieß auf folgende im Vergleich sehr große Studie von Bhattacharya S et al[2]:

580 Paare mit einer solchen “idiopathischen Sterilität” wurden in drei Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe erhielt keine Behandlung, eine weitere 50mg Clomifen, und bei einer dritten wurden Inseminationen ohne hormonelle Vorbehandlungen durchgeführt. Ohne Behandlung wurden über den Beobachtungszeitraum von 6 Monaten 17 % der Frauen schwanger und trugen ein Kind aus, nach der Clomifen-Behandlung waren es 14% und 23 % nach der Inseminationsbehandlung. Statistisch gesehen ist der Anstieg der Erfolgsraten gegenüber den Patienten ohne eine Therapie nicht signifikant [3].  

Die Autoren dieser Studie folgern hauptsächlich begründete Zweifel am Einsatz von Clomifen, mir geht es hier aber darum, dass innerhalb von 6 Monaten – einem kürzeren Behandlungszeitraum als in der vorliegenden Studie von Gerhard – immerhin 17 % der Patientinnen mit idiopathischer Unfruchtbarkeit komplett ohne Behandlung erfolgreich schwanger wurden.

In der vorliegenden Studie von Gerhard haben wir keine exakte Zahlenangabe, wie viele Schwangerschaften nach 6 Monaten bereits vorlagen. Wir wissen nur aus Tabelle 15, dass 10 Schwangerschaften erst nach über 9 Monaten Behandlung eintraten, 19 zwischen dem vierten und dem neunten Behandlungsmonat. Wenn wir den letzten Wert schätzungsweise halbieren, so traten etwa 19 – 20 Schwangerschaften erst nach dem sechsten Monat ein, so dass in der Gerhard-Studie in einem Beobachtungszeitraum von 6 Monaten etwa 27 – 28 Schwangerschaften eintraten.

Wobei dies alle Schwangerschaften sind, auch die nicht erfolgreichen, die zu einer Fehlgeburt führten (laut Autoren erlitten 12 der 47 schwangeren Patientinnen eine Fehlgeburt). Mit 28 Schwangerschaften vergleichen wir also sicher eine zu große Zahl mit den 17 % spontaner und erfolgreicher Schwangerschaften ohne Behandlung aus der anderen Studie (mit etwa 25 % Abortrate dürften eher 22 erfolgreiche Schwangerschaften aus den ersten 6 Monaten vorliegen). 17 % von 168 Patientinnen sind 28, von 150 Patientinnen etwa 26. Wir landen also in derselben Größenordnung.

Nun betrachtet Gerhard natürlich nicht nur Patientinnen mit idiopathischer Unfruchtbarkeit, sondern auch solche mit hormonellen Störungen. Doch trotz zahlreicher Datenerhebungen in der Studie erfahren wir nicht, wie die ursprüngliche Patientengruppe diesbezüglich denn zusammengesetzt war oder welche Patientinnen denn nun schwanger geworden sind. Wir können hier also nur grob schätzen. Und diese Schätzung ergibt jedenfalls keinen überraschenden Unterschied zu den Zahlen der Bhattacharya-Studie.

Einen Beleg für irgendeine Wirksamkeit der homöopathischen Behandlung kann man also in den in der Studie gegebenen Daten wirklich nicht erkennen, eher das Gegenteil.

Quellen:

[1] Gerhard I, Keller C, Monga B: ‚Homöopathische Behandlung bei weiblicher Unfruchtbarkeit‘, in: Erfahrungsheilkunde 9 (1995), S. 545-555, Link zum Volltext

[2] Bhattacharya S et al.: Clomifene citrate or unstimulated intrauterine insemination compared with expectant management for unexplained infertility: pragmatic randomised controlled trial, BMJ 2008;337:a716).

[3]  NN: Kinderlos ohne Erkennbare Ursache: Was tun?, Webseite ‚wunschkinder.net‘ Link

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2 Antworten zu Kinderwunsch Homöopathie und Carstens-Stiftung – die Zweite

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  2. AlteWeser sagt:

    „….Wir hatten unsere Ergebnisse in einem offenen Brief der Carstens-Stiftung mitgeteilt – der vollkommen ohne Reaktion blieb…..“

    Was ich sehr bedaure. Aber seitens der Carsten-Stiftung scheint man es ja nicht für notwendig zu erachten, glaubwürdig auf fundierte Kritik einzugehen. Dabei wäre der Disput sicher höchst interessant.

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